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In der Ausgabe der BVHK-Broschüre Herzfenster 01/2013 stellten wir Ihnen Mika Biehl aus dem Saarland vor, welcher bereits am 7. Lebenstag wegen seiner Pulmonalatresie am offenen Herzen operiert werden musste. Seit seiner Korrekturoperation ein Jahr später, lebt er mit einer künstlichen Lungenarterie (Hancock-Prothese ).  

Zehn Jahre sind vergangen seit dieser letzten großen Herz-OP und seit März 2012 brauchte Mika keine operative Eingriffe oder Medikamente mehr und zum Glück auch keine Magensonde. Diese Magensonde war in den ersten 2,5 Jahren die einzige Möglichkeit, Mika zu ernähren. Er lehnte aufgrund der vielen negativen Erfahrungen im Mund (ständiges Intubieren und Absaugen erforderlich) jegliche orale Nahrungszufuhr ab, ja er würgte sogar, sobald wir ihm nur mit den Fingern zu nahe an den Mund kamen.  

Sondenentwöhnung – letzte Magensonde selbst weggeworfen  

2013 berichteten wir von der Schwierigkeit, Mika zum Essen zu bewegen und ihn von der Sondenernährung zu entwöhnen. Während eines vierwöchigen Aufenthaltes in einem Dysphalgiezentrum in Darmstadt wurde Mika über das Lecken an einem Kinderschokoladenriegel ans Essen herangeführt. In kleinen Mengen steigerte er seine Nahrungszufuhr, anfänglich über Tee und Schokoriegel, bis er am 20.03.2012 seine letzte Magensonde selbst wegwerfen durfte und fortan ohne künstliche Ernährung leben durfte.  

 

Die Mahlzeiten waren eine Qual  

Heute nach  neun Jahren wollen wir allen Eltern in ähnlichen Situationen Mut machen. Aus Mika ist ein toller, lebensfroher 11-jähriger Junge geworden, der im August auf die klassische, weiterführende Schule wechseln darf.  

In den ersten Jahren nach der Sondenentwöhnung tat sich unser kleiner Sohn sehr schwer damit, das Essen für sich zu entdecken: die Mahlzeiten waren eine Qual für ihn und er gab sich mit äußerst kleinen, pürierten Essensmengen zufrieden. Das war für uns Eltern eine sehr schwere Phase, da wir oft Angst hatten, dass er nicht genügend zu sich nimmt und wieder an die Sonde muss. In dieser Zeit mussten wir auch sehr aufpassen, dass aus der Esstörung keine Fütterstörung wird, da man natürlich ständig in Versuchung ist, sein Kind zum „Teller-leer-essen“ zu überreden. 

Insbesondere wenn daneben sein großer Bruder Jan sitzt, welcher problemlos eine Erwachsenenportion zu sich nimmt.  

Heute isst Mika nahezu alles!  

Wir brauchten psychologischen Beistand und auch weitere Klinikaufenthalte in einer psychologischen Kinderstation im Saarland. Hier lernten wir als Eltern mit der Situation besser umzugehen und auch die beschriebene Fütterstörung zu verhindern. Am Ende des Tages verursacht jeder Druck, egal ob durch Belohnung oder Bestrafung, genau das Gegenteil. Das Risiko, dass die Kinder die Freude verlieren und das Essen vielleicht wieder ganz verweigern, ist einfach zu groß. Wir haben gelernt, Mika so zu akzeptieren und zu lieben wie er is(s)t.  

Nach und nach hat er sich dann auch an immer mehr herangewagt. Heute isst Mika nahezu alles! Nach wie vor lieber pürierte und weiche Kost und auch nach wie vor keine großen Mengen…auch seine Schokoriegel sind immer noch sein absolutes Highlight.  

Mika ist zwar etwas kleiner und leichter als gesunde 11-jährige Jungs, aber er ist ein Sonnenschein und voller Energie, Kraft und Lebenswillen. Es gelingt ihm mit seinem Charme immer, die Herzen von Lehrerinnen, Betreuerinnen oder Freundinnen zu erobern, auch wenn er mit seinem ausgeprägten Willen und seinem Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen, kein einfacher Junge ist. Aber er ist ein selbstbestimmter und glücklicher junger Mann geworden und das ist das einzige, worauf es ankommt.  

Wir glauben fest daran, dass Mika auch die in nicht allzu ferner Zukunft anstehende nächste große Herzoperation (zum Austausch der nicht mitwachsenden Hancockprothese) mit seinem starken Lebensmut meistern wird und werden ihn voller Stolz auf seinem weiteren Weg begleiten.  

Nadine und Arnim Biehl, Eltern von Mika