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Unser Sohn Julius (Name geändert) ist 6 Jahre. Ihr Mut-Mach-Paket mit der Puppe Erwin hat ihn durch eine Herz-OP begleitet und das hat uns allen sehr geholfen! Dafür möchten wir uns zunächst herzlich bedanken, denn für eine Familie ist so eine OP eine sehr schwierige Zeit mit vielen Fragen, Ängsten, Gedanken und schlaflosen Nächten und man ist über jede “echte” Hilfe sehr dankbar! 

Zum Hintergrund: 

Julius‘ Herzfehler wurde bereits pränatal diagnostiziert, bis zu seinem 5. Lebensjahr waren wir allerdings nur unter Beobachtung, bis uns dann eine OP nahegelegt wurde. Er wuchs und gedieh problemlos, im Alltag gab es keinerlei Anzeichen für seinen Herzfehler. Julius hatte eine Kombination aus mehreren Sachen, die die Expert*innen letztendlich zu dieser Empfehlung bewog: am schwersten wiegte ein recht großer VSD sowie leichte Insuffizienzen in den Herzklappen. Sein Herz war auch schon über der Norm vergrößert.  

Wir als Eltern hatten lange sehr große Bauchschmerzen mit dieser Diagnose. Die Entscheidung für eine OP war dann gefallen, als wir eine Zweitmeinung einholten und dort die Empfehlung zur OP bestätigt wurde. So konnten wir Laien guten Gewissens sagen “Ja, es ist notwendig!”. 

Die Zeit vor der OP:

Lange Zeit haben “nur” wir Eltern uns mit dem Thema auseinandergesetzt. Wir zogen einige ausgewählte Menschen hinzu, wie eine Kinder- und Jugendtherapeutin, eine befreundete Intensivkrankenschwester, Julius‘ Erzieherin und ausgewählte Familienmitglieder. Durch viele Gespräche haben wir uns dem Thema genähert, uns mit dem Gedanken “angefreundet”, dass Julius mithilfe einer Herz-Lungen-Maschine operiert werden muss. Ein kein ganz leichter Weg! Wir haben festgestellt, dass man die Personen, mit denen man spricht, genau aussuchen sollte, gerade wenn man selber nicht “stabil” ist. Denn: Weitere Unsicherheiten, Sorgen und Ängste von Externen kann man wirklich nicht gebrauchen! 

Ein sehr wichtiger Aspekt für uns war auch zu eruieren, wie wir mit Julius über die anstehende OP reden und ab wann wir ihn darauf vorbereiten. Julius ist ein sehr sensibler Junge, kleinste Verletzungen können ihn ganz schön aus der Bahn werfen. Auch diese Fragen konnten wir im Detail mit den Menschen besprechen, die hierin Erfahrungen haben und sich auskennen. Jedes Gespräch für sich hat sehr geholfen und uns näher gebracht zu der inneren Haltung, dass es gut ist, so eine OP zu machen. 

Zwei Wochen vor der OP:

Ca. zwei Wochen vor der OP haben wir begonnen, Julius von der OP zu berichten. Wir haben es Stück für Stück angehen lassen. Ein sehr wichtiger Baustein, der uns durch die Zeit begleitet hat, war unsere Sprache!

…Julius hat nun ein Superheldenherz
…Julius hatte keinen Herzfehler, sondern ein besonderes Herz (wie jeder von uns unterschiedliche Haarfarben hat, war sein Herz etwas anders geformt)
…Julian hatte eine Tankstelle (keinen Zugang)

Diese kindgerechte Sprache haben wir auch in dem tollen Buch “Anna`s OP” aus dem Mut-mach-Paket wiedergefunden. Dies war sehr hilfreich – auch um uns noch ein paar mehr Ideen zu geben, wie wir Sachen ausdrücken können. Das Buch haben wir einige Male mit unserem Sohn im Vorwege gelesen, Tränen sind dabei auch geflossen, aber wir konnten mit den Bildern realistisch zeigen, was zu erwarten sein wird, aber kindgerecht. 

Julius war oftmals sehr durch den Wind, war zu Hause aggressiv und gemein, auch zu seiner kleineren Schwester. Auch wenn es eine sehr anstrengende Zeit war, waren wir darauf vorbereitet und wussten, wir “müssen da jetzt durch”. Sowieso war für uns die Zeit davor die anstrengendste und zermürbendste, weil man ja einfach nie weiß, ob nicht doch mal etwas schief läuft….

Erwin und Rosi

Erwin sorgte bei unseren beiden Kindern für große Begeisterung – das Verständnis für den Körper und die Organe hatten sie schon im Kindergarten erlangt, so war die Freude sehr groß, Erwin aufzumachen, auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen. Als unser Großer Erwin dann mit ins Krankenhaus nahm, hatten wir das Gefühl, es wäre gut für unsere Tochter Pia Rosi zu bestellen. Das konnten rechtzeitig vor der OP bei sigikid tun. Unsere Tochter hat sich sehr gefreut und wohl auch eine Verbundenheit zu ihrem Bruder empfunden.

Die Zeit im Krankenhaus

Die Tage im Krankenhaus teilten sich in die Zeit unmittelbar vor der OP und die Zeit danach auf. Als Elternteil “funktioniert” man ja nur und Corona macht die Situation nicht gerade besser, da keine Besuche erlaubt sind. Die Belastung eines Elternteils ist sehr viel größer, weil man sich nicht mal so einfach abwechseln kann. Vor der OP mussten noch einige Untersuchungen gemacht werden, wie Röntgen, Blut abnehmen, Zugang legen, etc. Julius hat alles tapfer mitgemacht, wenn es auch immer mit viel Warten und Angst verbunden war. Das Klinikteam war toll und einfühlsam, wenn auch klar war, dass einige Sachen einfach gemacht werden müssen!

Unmittelbar vor der OP früh morgens war Julius ängstlich – aus Elternsicht auch total verständlich! Wir waren in einem Zimmer untergebracht, was klinisch aussah. Er sollte sich ausziehen, das EKG wurde angelegt und vieles mehr. Wir zählten die Minuten, das Schlafmittel machte ihn weinerlich und lustig zugleich. Bis zur OP-Schleuse durften wir ihn begleiten und dann war der Moment gekommen, wir gaben unseren Sohn in andere Hände! Der Arzt, der mich zurück begleitete sagte: “Es sind die besten Hände, in die sie ihn geben können!”

Wir leben in so einem privilegierten Land mit einem der besten Gesundheitssysteme, die es gibt. Es erfüllte mich mit Dankbarkeit, dass wir unseren Sohn in diese Hände geben durften und gleichzeitig ist es einer der schwersten Momente im Leben von Eltern. Nach sechs Stunden kam der ersehnte Anruf: Es war alles planmäßig verlaufen! 

Auf der Intensivstation wurde Julius engmaschig betreut und auch wenn er unleidig war, verlief alles gut. Je mehr Kabel und Zugänge wegkamen, desto besser wurde es. Nachdem Drainage und ZVK (zentrale Venenkatheter) entfernt wurden, fing er an mobiler zu werden. Der Appetit setzte ein und mit großen Schritten wurde er fitter. Kinder sind Wunderwesen…!

Sobald wir auf die kinderkardiologische Station verlegt wurden, machte er wieder große nächste Schritte…bald brauchte er schon kein Schmerzmittel mehr und er ging allein zur Toilette. Fünf Tage nach der OP durften wir nach Hause, das überraschte alle!

Das Herz-Tagebuch

Das tolle Herz-Tagebuch war ein wirklich super Begleiter in der Zeit vor und nach der OP. Die Krankenschwestern schrieben in das Buch, wir malten, klebten ein und schauten immer mal wieder, was die nächsten Schritte sein würden. Julius ist sehr stolz darauf und es wird immer eine Erinnerung sein an diese Zeit. Gerade in Kombination mit dem Buch zu Annas Herz OP finden wir es ganz toll! Von Anna gab es ja auch ider Broschüre Herzfenster 1/2019 ein Interview und ein Foto, wie sie heute aussieht, das haben wir auf Julius‘ Wunsch hin ausgedruckt und in das Tagebuch gelegt. Es war wie eine Art Beweis, dass andere Kinder mit Superheldenherz groß und “alt” werden (für einen 6-jährigen Sohn ist eine junge Frau alt;-)

Wieder zu Hause und zurück in den Alltag…

Es war unglaublich schön, einen gesunden Jungen nach Hause zu bringen! Er wurde gefeiert, zusammen mit seiner Schwester, die auch so tapfer gewesen ist! Als auch der Kinderkardiologe hier vor Ort eine Woche später sagte, dass alles okay ist, fiel uns endgültig der Stein vom Herzen. Jeden Tag wurde Julian leistungsfähiger und war Stück für Stück wieder der “Alte” – wobei so richtig kann man das ja gar nicht sagen, denn nun schlägt sein Herz anders und gibt ihm die Chance auf ein langes Leben. Welch ein Glück!

Wir als Eltern waren erschöpft und müde, wenngleich erleichtert. Am liebsten hätten wir geschlafen, geschlafen und geschlafen. Aber Kinder mit drei und sechs Jahren stehen morgens früh auf und haben den ganzen Tag eine unbändige Energie…

Nun geht Julius wieder in den Kindergarten und wenn auch der Alltag mit all seinen Aufgaben manchmal ermüdend ist, so ist es doch das Schönste, was es gibt, wenn Kinder diesen tagein und tagaus leben können. 

Ich frage mich manchmal, wie wir in 10 Jahren mit unseren Kindern über diese schwere Zeit reden werden. Die Heldennarbe an Julius‘ Brust wird immer Zeuge dieser Zeit sein. Wir sind dankbar und möchten anderen Familien Mut machen, in dieser Zeit zusammenzustehen! Auch ist es unsere persönliche Empfehlung sich Hilfe zu holen, denn es ist und bleibt schwer, eine Ausnahmesituation, in die muss man reinwachsen und es kostet viel Kraft!

Herzliche Grüße
Julius mit Familie