Schule / Nachteilsausgleich
Sonderpädagogischer Förderbedarf
Schülern mit besonders hohem Bedarf an individueller schulischer Bildung und Erziehung steht auch im inklusiven Unterricht Sonderpädagogischer Förderbedarf zu. Diese spezielle pädagogische Hilfe ergänzt die allgemeine schulische Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung. Manche Kinder erreichen das Lernziel durch die (zusätzliche) Vereinbarung eines Nachteilsausgleiches (NAG).
Bei der Sonderpädagogischen Förderung unterstützen Sonderpädagogen die Lehrkräfte im Unterricht, z.B. durch stundenweise Einzelförderung, Förderung in kleinen Gruppen oder stundenweisen bzw. generellen Unterricht durch zwei Pädagogen.
NEU: Laut Paragraph 19 Abs. 5-7 und Paragraph 10, SchulG. dürfen nur noch die Eltern einen Antrag auf Sonderpädagogischen Förderbedarf stellen.
Der Antrag auf Sonderpädagogische Förderung wird von Ihnen als Eltern an die Schule des Kindes gerichtet. Stellt die Schule den Antrag, müssen Sie informiert werden. Die Schulaufsichtsbehörde legt den Förderschwerpunkt und den Förderort zusammen mit Ihnen als Eltern fest.
In folgenden Ausnahmefällen können auch Schulen einen Antrag stellen:
- Es ist nach Ausschöpfung anderer Möglichkeiten, wie z.B. Nachteilsausgleiche, kein zielgleicher Unterricht möglich.
- Bei einem vorhandenen Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich liegt Fremdgefährdung vor.
- Bei vermutetem Bedarf im Förderschwerpunkt Lernen nur dann, wenn das Kind die Schuleingangsphase bereits in der 3.Klasse besucht.
- Nach Klasse 6 darf die Schule keinen Antrag mehr stellen.
Lernziele und Förderschwerpunkte
Das Gutachten ist als Hilfestellung für Pädagogen, Eltern und das Kind gedacht. Die jährliche Überprüfung kann auch die Änderung oder Aufhebung des Förderschwerpunktes und oder des Lernzieles beinhalten. Auf Wunsch erhalten Sie als Eltern zu jedem Zeitpunkt der Schullaufbahn eine Kopie des fortgeschriebenen Gutachtens. Sie werden regelmäßig, spätestens jedoch mit dem Zeugnis, informiert über die Förderschwerpunkte, den angestrebten Schulabschluss und ob ein Wechsel der Schulform angeraten wird.
Die Form der sonderpädagogischen Förderung richtet sich nach den Möglichkeiten der örtlichen Schule und dem im Sonderpädagogischen Gutachten festgelegten Förderbedarf. Eine Behinderung löst nicht automatisch Sonderpädagogischen Förderbedarf aus. Das Schulamt kann, trotz offensichtlichem Förderbedarf, eine allgemeine Schule ohne Förderstunden empfehlen (s. auch Wahlrecht).
Lernzielgleicher / lernzieldifferenter Unterricht
Beim „Lernzieldifferenten Unterricht“ von Kindern mit Lern- oder geistiger Behinderung werden innerhalb eines AO-SF Verfahrens andere Lernziele vereinbart, um realistische Schulabschlüsse anzustreben und Überforderung zu vermeiden.
Mit der Einführung der Inklusion soll es für Schüler mit individuellem Förderbedarf (AO-SF Verfahren), nicht länger nur eine Schulform geben. Die Förderschule stand bisher ausschließlich behinderten Kindern zur Verfügung und hatte somit eine gezielte Aussonderung dieser Schüler zur Folge. Auch die weiter bestehenden Förderschulen sollen aktiv an der Weiterentwicklung der Inklusion beteiligt werden und künftig nicht mehr ausschließlich Schüler mit Handicap unterrichten.
Nachteilsausgleich
Menschen mit behinderungsbedingten Nachteilen haben z.B. in Schule, Studium oder Beruf nach § 126 SGB IX (Sozialgesetzbuch) Anspruch auf so genannte Nachteilsausgleiche (NAG). Diese stellen keine Verminderung der fachlichen Anforderungen und somit keine Bevorzugung dar.
Wenn Sie NAG für Ihr Kind in Anspruch nehmen möchten, wenden Sie sich bitte an den Klassenlehrer und ggf. an die Schulleitung. Beantragen Sie NAG mit einem Attest, das Art und Umfang der Behinderung sowie die Auswirkungen auf die schulischen Leistungen beinhaltet. Bei Abschlussprüfungen muss die Schule frühzeitig bei der Bezirksregierung einen NAG beantragen – die Frist kann im September des Vorjahres ablaufen.
Die gewährten NAG sollten, zum Vorteil des Schülers im Hinblick auf höhere Klassen und Prüfungen, in der Schulakte dokumentiert werden. Lediglich mündlich vereinbarte NAG müssen nicht zwingend berücksichtigt werden. Sie brauchen nicht in den Zeugnissen aufgeführt sein und können in intern geführten Förderplänen geführt werden.
Konkrete Beispiele für NAG finden Sie in unserer Broschüre „Herzkranke Kinder in der Schule“ im Teil I für Lehrer, Kapitel 4.2 , auf www.schuleundkrankheit.de oder hier zusammengefasst als Download.
Am besten gehen Sie diese Aufstellung danach durch, welche Maßnahmen für Ihr Kind hilfreich sein könnten. Für konzentrationsschwache oder langsamer lernende Kinder können besondere Prüfungsbedingungen oder mehr Zeit für Klassenarbeiten vereinbart werden. Beim Sport können andere Aufgaben sinnvoll sein. Der NAG kann sowohl mit, als auch ohne individuellen Förderbedarf (AO-SF Verfahren) an allen Schulformen gewährt werden.
Tipp: Bei nicht gewährtem NAG durch die Schule sollten die Eltern von der Schule eine schriftliche Niederschrift fordern. Die Niederschrift, die die Schule daraufhin erstellt, ist ein Bescheid und kann von den Eltern durch einen Widerspruch angegangen werden.
- Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
- Paragraph 126 SGB IX
- Länderschulgesetze
- Paragraph 2 SchulG. NRW
Rückstellung vom Schulbesuch
Die Rückstellung von der Schulpflicht erfolgt in der Regel zunächst für ein Jahr. Auf Ihren Antrag als Eltern kann die Zeit der Rückstellung auf den Gesamtzeitraum der Schulpflicht angerechnet werden.
Wahlrecht in Bezug auf die Schule
Nach Paragraph 20, Abs. 4 SchulG. haben Eltern ein Wahlrecht in Bezug auf die Schule. Das Schulamt muss eingehend und vertieft begründen, warum ggf. Ihrem Wunsch bei der Festlegung von Förderbedarf und Förderort nicht entsprochen wird (Beweislastumkehr). Gegen den Bescheid können Sie Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht einlegen, müssen aber unbedingt die entsprechenden Fristen wahren. Es entstehen Gerichtskosten, Sie können sich jedoch selbst (ohne Anwalt) vertreten. Wenn der Bescheid nicht Ihrem Wunsch entspricht und ein Sofortvollzug festgelegt wird, muss das Kind die vom Schulamt festgelegte Schule besuchen, bis eine endgültige Entscheidung vorliegt.
Tipp: Wenn der Bescheid nicht Ihrem Wunsch als Eltern entspricht, stellen Sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, da sonst keine aufschiebende Wirkung entsteht.
Wir empfehlen, im Streitfall bezüglich des Förderbedarfs und des Förderortes sowohl die Gutachten der abgebenden Institution als auch der aufnehmenden Schule einzusehen. Sie können auch ein Gegengutachten erstellen lassen und gegen den Bescheid klagen. Die im Pool der Schule vorhandenen Sonderpädagogen haben in der Regel den Förderschwerpunkt LES (Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache).
Ist die Schule nicht in der Lage, durch eigene Pädagogen ausreichend zu fördern, kann sie sonderpädagogische Förderung an einer Förderschule anfordern. Diese Handhabung ist in den Schulen nicht selbstverständlich und stößt häufig auf Ablehnung. Einen Anspruch auf individuellen Förderbedarf haben jedoch nur die Kinder der betreffenden Schule, die einen Antrag gestellt haben.
Tipp: Die Eltern aller geförderten Kinder der Schule sollten einen Antrag auf Sonderpädagogische Förderung stellen. Nur so kann der Förderanspruch Ihres Kindes gesichert werden. Die Sonderpädagogen sind verpflichtet, den individuellen Anspruch der Kinder mit Sonderpädagogischem Förderbedarf zu erfüllen. Ein Kind ohne festgestellten individuellen Bedarf wird sonst evtl. unverschuldet benachteiligt, weil die Schule die Möglichkeiten der eigenen Pool-Sonderpädagogischen Förderung überschätzt.
Wegweiser für Eltern zum gemeinsamen Unterricht (GU)
Bezugsangabe: www.gemeinsam-einfach-machen.de/SharedDocs/Downloads/DE/StdS/Schule_Studium/wegweiser_fuer_eltern.html?nn=567400
Themenbereiche: Bundeslandübergreifende Informationen zum Gemeinsamen Unterricht, Sonderpädagogischer Förderbedarf, Nachteilsausgleiche, Eingliederungshilfe Hilfe und Beratung, Maßgebliche Regelungen und Urteile, Literaturhinweise
Studierende mit Behinderung
Von einer Behinderung betroffene Studierende können unter bestimmten Voraussetzungen je nach Bundesland bzw. Universität von den Studiengebühren befreit werden. Lassen Sie sich bei der jeweiligen Universität beraten.
Viele Studierende fühlen sich in ihrem Studium durch die chronische Erkrankung eingeschränkt. Dies ist häufig mit einer längeren Studiendauer, vermehrtem Wechsel von Studiengang und Hochschule, (krankheitsbedingten) Studienunterbrechungen und einem stärkeren Ausmaß an Stresssymptomen (wie Lern- und Leistungsproblemen) sowie Konzentrationsschwierigkeiten verbunden. Deshalb können Studienanwärter bei der jeweiligen Hochschule eine bevorzugte Zulassung oder beim zuständigen Träger für Sozialhilfe Studienassistenz bzw. Eingliederungshilfe beantragen.
Den Studierenden fällt es oft schwer, vorgegebene Fristen einzuhalten oder Prüfungen in der vorgegebenen Reihenfolge zu absolvieren. Deshalb kann auf feste Präsenzzeiten verzichtet, ein individueller Studienplan erstellt oder die Bearbeitungszeit für Hausarbeiten verlängert werden. Damit wird nicht auf die Qualifikation verzichtet, sondern sie wird lediglich anders als üblich nachgewiesen. Behinderte bzw. chronisch kranke junge Menschen, die sich für eine Studienplatzvergabe über die Stiftung für Hochschulzulassung interessieren, können verschiedene Sonderanträge stellen. Bitte erkundigen Sie sich bei der Stiftung für Hochschulzulassung und direkt an der Hochschule Ihrer Wahl.
Auch BAföG kann auf Antrag über die Höchstdauer hinaus bezahlt werden. Bei der Einkommensermittlung wird ggf. dabei ein zusätzlicher Härtefreibetrag gewährt.
Ausführliche Informationen finden Sie:
- bei den Integrationsämtern
- auf www.studentenwerke.de
- auf https://www.iubh-fernstudium.de/rund-ums-studium/wissenswertes-rund-ums-studium/studieren-mit-beeintraechtigung/
Integrationshilfe
Der Integrationshelfer kann Pflegehilfe, aber auch Hilfestellung im Unterricht übernehmen. Er ersetzt nicht den Lehrer, sondern unterstützt den Schüler:
- Im sozialen und emotionalen Bereich, z. B. den Schüler beruhigen oder seine Konzentration fördern,
- Integration in den Pausen, Kontakte zu Mitschülern fördern
- Beim sauberen Mitschreiben oder beim umformulieren von Gehörtem ins Schriftliche helfen,
- Anreize zum selbstständigen Arbeiten geben.
- pflegerische Tätigkeiten ausüben oder dabei helfen sowie die Selbstständigkeit fördern
Weitere Aufgabenbereiche finden Sie auf den Webseiten der Bezirksregierungen oder anderen Schulbehörden. Ein Integrationshelfer wird generell nicht bewilligt, wenn die gewünschten Hilfestellungen zum Kernbereich der Aufgaben der Schule gehören. Der Integrationshelfer darf auch keine pädagogische Hilfe sein.
Beantragung: Bei seelischen und psychischen Behinderungen: Antrag an das Jugendamt. Bei körperlicher, geistiger Behinderung und Mehrfachbehinderungen übernimmt das Sozialamt / die Eingliederungshilfe die Kosten für einen Integrationshelfer.
Den Antrag auf individuelle Betreuung durch einen Integrationshelfer können Sie als Eltern formlos bereits im letzten Kindergartenjahr stellen. Er sollte spätestens zwei Monate vor Schulbeginn mit einer aussagekräftigen Begründung der Institution (z.B. Kita), in der das Kind zuletzt betreut wurde und die den Bedarf im nicht pädagogischen Bereichen der schulischen Förderung anführt, vorliegen. Der Antrag kann bekräftigt werden durch weitere Empfehlungsschreiben, ärztliche Gutachten u.ä.
Für eine Antragstellung werden folgende Unterlagen benötigt:
Integrationshelfer/ Integrationshelferin:
- Formloser Antrag durch die Erziehungsberechtigten
- Bestätigung der Schule über Notwendigkeit der Betreuung, in welchem Umfang Hilfen benötigt werden und einer Definition der Verrichtungen
- Stellungnahme der Schule, warum die benötigten Hilfen nicht durch die Schule sichergestellt werden können
- Beschulungsbeschluss des Staatlichen Schulamtes
- Stundenplan (falls vorhanden)
- Ärztliche Befunde
Bei Beförderungsmaßnahmen:
- Formloser Antrag durch die Erziehungsberechtigten
- Kurze Erläuterung, warum die Nutzung der zur Verfügung stehenden Busse nicht möglich ist
- Vorlage zweier Kostenvoranschläge von Beförderungsunternehmen.
Pflegesachleistungen und Pflegegeld dürfen nicht eingesetzt werden, auch nicht dann, wenn das Kind in der Schule und / oder zu Hause Pflegeleistungen erhält. Sie als Eltern können den Dienstleister / eine geeignete Person selbst aussuchen. Die Leistungen kann der Beauftrage selbst mit dem Amt abrechnen oder Sie leiten die Rechnungen für ihn weiter. Wenn der Anbieter oder die eingesetzte Person einen Stundenlohn berechnet, der den bewilligten Satz übersteigt, kann die Leistung dem persönlichen Budget entnommen werden.
Das Amt muss zeitnah bewilligen, d.h. drei Wochen nach Eingang, zuzüglich zwei Wochen, wenn ein Gutachter eingeschaltet wird. Bei Eilbedürftigkeit kann ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim Gericht gestellt werden. Bei Anträgen an das Jugendamt ist das Verwaltungsgericht zuständig.
Tipp: Stellen Sie den Antrag zunächst ohne Angabe des Einkommens, warten Sie die Bewilligung ab und beantworten Sie Fragen nach dem Einkommen erst, nachdem die Bewilligung schriftlich erfolgt ist.
Ähnlich wie bei der Sonderpädagogische Förderung bieten die Schulen in Bezug auf die Integrationshelfer sogenannte Pool-Lösungen an. Für Lehrer ist es häufig nicht einfach, die Kinder in einer Klasse mit fünf Integrationshelfern zu unterrichten. Daher versuchen die Schulen, eigene Lösungen zu finden. Eine individuelle Betreuung Ihres eigenen Kindes ist jedoch nur gewährleistet, wenn Sie einen Einzelantrag für Ihr Kind stellen. Das ist möglich, auch wenn an der Schule bereits eine Pool-Betreuung installiert ist.
Wenn bei chronisch kranken Kindern eine Krankenbeobachtung in der Schule notwendig wird, kann diese bei der Krankenkasse beantragt werden.
Schulbegleitung auch am Nachmittag
Behinderte Kinder können auch Anspruch auf einen Integrationshelfer (I-Helfer) für freiwillige schulische Nachmittagsangebote geltend machen.
Da die Nachmittagsbetreuung der Schule nicht in jedem Fall als angemessene Hilfe zur Schulbildung verstanden werden kann, wird hier eine finanzielle Beteiligung der Eltern gefordert, wenn der Integrationshelfer das Kind auch nach dem Unterricht in der betreuten Zeit in der Schule unterstützen soll. Das trifft jedoch nur dann zu, wenn die Betreuung ausschließlich den Bereich der Freizeit umfasst. Wenn im Nachmittag z.B. eine Vertiefung der schulischen Inhalte stattfindet und die Schule, bzw. die Nachmittagsbetreuung das schriftlich bestätigen kann, besteht die Möglichkeit auch eine Kostenübernahme des I-Helfers in der Nachmittagsbetreuung zu erreichen. Ein konkreter, festgestellter, sonderpädagogischer Förderbedarf kann den Antrag erleichtern, sollte jedoch nicht zwingend erforderlich sein.
Im Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird am 01.01.2020 geregelt, wann eine kostenfreie „Hilfe zu einer Schulbildung“ als Inklusionsbegleitung zählt. Wenn sie z.B. an den stundenplanmäßigen Unterricht anknüpft und i.d.R. in den Räumen der Schule stattfindet. BSG vom 06.12.2018 Az B8SO 4/17 R und B8SO 7/17 R.
Vor Gericht
Quelle: Broschüre „Herzkranke Kinder in der Schule“ BVHK und Informationsveranstaltung Schule und Recht für Kinder mit Handicap am 10.03.2015, Familienforum Ruhrgebiet, Bochum
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