Pflegemangel
Seit Monaten wird der Pflegekräftemangel in Altenheimen und Krankenhäusern, und in ganz besonderer Weise auf Kinderherz-Intensivstationen diskutiert. Lebensrettende Operationen am offenen Herzen müssen teilweise verschoben werden, da es an Kinderintensivpflegekräften mangelt! Auf vielen kinderherzchirurgischen Intensivstationen können deshalb derzeit nur etwa 70 % der Betten genutzt werden. Als Folge kommen viele Herzpatienten auf eine Warteliste für ihre lebenserhaltende OP am offenen Herzen. Wenn dann der vereinbarte Termin verschoben werden muss, ist das ein Drama – für die ganze Familie. Denn selbst alternative Termine können oft nicht eingehalten werden.
Auch die Kinderintensivstation Hannover muss kleine Patienten abweisen – der mutige Intensivmediziner Dr. M. Sasse macht u.a. in der Ärztezeitung den eklatanten Mangel an Kinderintensivpflegepersonal öffentlich. Als Folge der geschlossenen Intensivbetten werden OPs kurzfristig abgesagt, Patienten abgewiesen. „In Hannover wurden in diesem Jahr schon rund 200 abgewiesen. Infolgedessen sind bereits mehrere Kinder gestorben.“ Denn die umliegenden Kliniken haben auch keine Kapazitäten.
Hintergrund
Gesetzliche Änderungen gefordert
Die Patientenvertretung im G-BA begrüßt es, dass der Gesetzgeber das Problem aufgreift, das vor allem Folge eines jahrelangen Personalabbaus ist. Über den „Pflegenotstand in Krankenhäusern“ wird bereits seit Anfang der 1990er diskutiert. Dennoch wurden inzwischen mehrere Zehntausend Stellen abgebaut. Es fehlen laut ver.di schätzungsweise zwischen 70.000 bis 100.000 Vollzeitkräfte, das entspricht ca. 25 % bis über 30 % des gegenwärtigen Personalbestandes.
Der Gesetzgeber hat durch § 137i SGB V den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beauftragt, bis spätestens zum 30. Juni 2018 eine vertragliche Vereinbarung von Pflegepersonaluntergrenzen zu treffen. Die Verhandlungen laufen seit Mitte 2017, die bisherigen Ergebnisse sind ausgesprochen unbefriedigend.
Derzeit ringen wir im G-BA um weitere Verbesserungen, vor allem im Bereich Pflege auf der Kinderherzintensivstation, wo nicht nur der derzeitige, eklatante Personalmangel dringend gelöst werden muss – zum Wohle aller herzkranken Kinder!
In einem Brandbrief appellieren wir an die Bundesregierung, um schnelle Abhilfe zu schaffen – gemeinsam mit dem Aktionsbündnis AHF und dem Kindernetzwerk.
Wir setzen uns auch weiterhin für Verbesserungen und für noch mehr Qualität ein!
Unzureichende Besetzung des Pflegepersonals
Der Pflegedienst in den Krankenhäusern ist in vielen Bereichen, z.B. auf den Kinderherz-Intensivstationen unzureichend besetzt. Der Personalmangel und die daraus resultierende, stets steigende Arbeitsbelastung des verbleibenden Pflegepersonals gefährden sowohl die Gesundheit der Beschäftigten, als auch die Qualität der Patientenversorgung. Das Pflegepersonal kann wegen der Arbeitsüberlastung wichtige Tätigkeiten der Patientenversorgung nicht oder nicht in der erforderlichen Qualität durchführen.
Internationale Studien zeigen, dass eine Unterbesetzung im Pflegedienst das Risiko für Schädigungen der Patienten durch sogenannte unerwünschte Ereignisse erhöht. Werden diese schweren Komplikationen aufgrund einer Überlastung des Pflegepersonals zu spät oder gar nicht erkannt, kann dies sogar zum Versterben im Krankenhaus führen. So ist eine bedarfsgerechte Pflege der Patienten nicht gewährleistet!
Berufsflucht hausgemacht?
Der Staatssekretär und Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege Andreas Westerfellhaus lud am 17.10.2018 nach Berlin ein. Dort berichtete u.a. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, mit welchen Maßnahmen er die Arbeitsbedingungen verbessern möchte. Andreas Westerfellhaus fordert u.a. Prämien für Rückkehrer und Aufstocker und: Ausbilden! Ausbilden! Ausbilden!
Das sind gute Ideen, aber selbst wenn jetzt eine Pflege-Ausbildungs-Offensive gestartet wird, dauert es Jahre, bis annähernd genügend aus- und weitergebildetes Pflegepersonal zur Verfügung steht. Vor allem auf Kinderintensivstationen brauchen wir kurzfristige Abhilfe, damit die Qualität der Pflege erhalten bleibt, z.B. einen Schlüssel von 1 Pflege bei 2 Patienten, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, finanzielle und ideelle Anreize und Maßnahmen, um Abwanderung von „ausgebranntem“ Pflegepersonal zu verhindern, z.B. Krisenintervention: https://www.mh-hannover.de/36969.html
Wir bleiben dran!
Task Force „Notfall Kinderintensivpflege“
Die Task Force „Notfall Kinderintensivpflege“ diskutierte bei ihrem vierten Treffen am 07.12.2018 die Ergebnisse unserer Befragung der Kinderkrankenpflegeschulen. Obwohl der Rücklauf mit 11 von 148 gering war, ergab die Analyse interessante Schlussfolgerungen:
- Viele Bewerber, die eine Ausbildung in der Kinderkrankenpflege anstreben, müssen abgewiesen werden. Teils kommen auf einen Platz 25 BewerberInnen. Es gibt also genügend Interessierte für den Kinderkrankenpflegeberuf. Der Pflegekräftemangel könnte vermindert werden, wenn es mehr Ausbildungsplätze gäbe.
- Vor allem im ersten Ausbildungsjahr brechen 5-20 % der Auszubildenden ab. Sie fühlen sich überfordert, zu schlecht angeleitet und auf der Station zu wenig anerkannt. Damit sie mehr Zeit für eine adäquate Anleitung haben, müssen PraxisanleiterInnen freigestellt werden.
- AZUBIS dürfen nicht länger, wie derzeit oft in der Praxis, normal im Stellenplan mitgezählt werden und dadurch zu früh zu viel Verantwortung aufgebürdet bekommen.
Weitere Maßnahmen folgen in Kürze.
Presse
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