Als unsere Welt zwei Mal stillstand und wir erfahren haben, wie stark wir wirklich sind…
Matteo wurde am 30. März 2015 als unser 2. Kind geboren.
Wir wussten ab der 21. Schwangerschaftswoche (SSW) vom Herzfehler TAC (Truncus arteriosus communis). Nach der Geburt ging es Matteo relativ gut, sodass er erstmal mit nach Hause kommen durfte. Er hatte etwas Zeit zum Gedeihen und wir hatten Zeit uns kennen zu lernen.
Am 10.06.2015 haben wir geplant im DHZ München eingecheckt zur Korrektur-OP.
Diese fand am 22.06.2015 statt. Matteo war da 11 Wochen alt. Nach unendlich langen Stunden des Wartens kam Matteo am Nachmittag, nach seiner ersten überstandenen Herz-OP, ohne ECMO, aber mit offenem Thorax, zurück auf die Intensivstation. Ihm wurde ein Klappentragendes Conduit eingebaut.Wir waren fix und fertig und unendlich dankbar, dass alles komplikationslos geklappt hat.
Die OP war schwieriger als erwartet. Es war komplexer als erwartet. Matteo erholte sich und sollte am 26.06.15 extubiert werden. Der Versuch scheiterte, Matteo blieb erstmal intubiert.
Am Abend des 26.06. fuhr mein Mann wie immer, vor seiner Taxi-Nachtschicht, ins DHZ. Ich war daheim, bei unserer großen, 4-jährigen Tochter.
Mein Mann stand an Matteos Bett, die diensthabende Schwester ebenfalls und dann nahm das Drama seinen Lauf…
Matteo hatte einen Kreislaufzusammenbruch und musste reanimiert werden. Die Schwester hatte es kommen sehen, anhand der Monitorwerte und hat meinen Mann rausgeschickt, die Alarmtaste gedrückt und dann ging alles furchtbar schnell. Schwestern, Ärzte, noch mehr Ärzte, Herzchirurgen, die Ärzte aus dem Katheterlabor, alle kamen sie, um Matteo das Leben zu retten. Matteo wurde fast 30 Minuten reanimiert und hat überlebt. Ihm musste, damit das Herz sich erholen kann, die ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung, sogenannte künstliche Lunge) implantiert werden.
Das haben die Kardiotechniker zusammen mit den Chirurgen noch in derselben Nacht getan.Mein Mann durfte dann nochmal zu ihm. Es war die Hölle dieses kleine Würmchen so zu sehen. Für mich war es ebenfalls die Hölle. Ich saß daheim. Unsere große Tochter schlief und ich musste es aushalten, rein gar nichts tun zu können.
Am nächsten Tag sind wir gemeinsam ins Krankenhaus gefahren. Nicht sicher, ob wir das ertragen können, gebeutelt von Angst und Verzweiflung, Matteo so sehen zu müssen. Runtergekühlt, damit sich der Kreislauf und das Gehirn erholt. Mit EEG-Haube auf, die alle Gehirnaktivitäten aufzeichnet. Mit dicken Schläuchen, die aus dem kleinen Körper kamen und zur ECMO gingen, um dann wieder zurück in den kleinen Körper zu fließen, lag er da.
Wir waren unfähig zu denken, lagen uns weinend in den Armen, aber wir waren da. Wir waren da für ihn und waren stark. Denn mehr konnten wir nicht tun.
Es sollten fünf Tage vergehen, die Matteo an der ECMO hing. Matteo erholte sich und die ECMO wurde ausgebaut. Dann kam nach sieben Tagen wieder der verflixte Freitag.
Mein Mann war wieder, bevor er zur Taxi-Nachtschicht fuhr, bei Matteo im Krankenhaus. Und wieder brach Matteos Kreislauf zusammen. Mein Mann stand wieder an seinem Bettchen, als es ein zweites Mal passiert ist.
Erneut ging alles unglaublich schnell, wieder ein Horrorfilm. Alle kamen angerannt. Viele Hände kämpften erneut um Matteos Leben. Matteo musste wieder fast 30 Minuten reanimiert werden und hat es erneut geschafft und ist bei uns geblieben. Dieses Mal hat es der kleine Körper ohne ECMO geschafft. Matteo wurde “nur” runtergekühlt und an das EEG angeschlossen.
Wieder saß ich fassungslos und wie gelähmt, daheim. Denn unsere große Tochter schlief wieder. Es war wieder Freitagabend. Nach weiteren sechs Tagen, in denen sich der kleine Körper erholen konnte, entschlossen sich die Ärzte, Matteo noch ein Mal zu operieren. Das klappentragende Conduit wurde ausgebaut und ein klappenloses Conduit wurde eingebaut. Diese OP war am 09.07.2015 und ab dem Tag ging es nur noch bergauf!
Matteo wurde am 10.09.2015, nach 14 Wochen, aus dem Krankenhaus entlassen. Seitdem kamen viele Diagnosen hinzu. Unser Weg war und bleibt steinig. Dennoch sind wir so unendlich dankbar, für alles.
Wir wären heute nicht so ein unschlagbares Team, wenn wir diese Erfahrungen nicht gemacht hätten. Denn man weiß erst, wie stark man wirklich ist, wenn stark sein die einzige Option ist, die man hat!
Einfach kann jeder!
Diana Zirm